Das Wichtigste in Kürze:
- Seniorenmüslis enthalten oft hohe Mengen an Zucker und Stärke
- Ältere Pferde neigen zu Insulinresistenz und sollten zuckerarm und stärkefrei ernährt werden
- Viele Zusatzstoffe in Seniorenmüslis sind für das Pferd nicht optimal verwertbar
- Faserbasierte Proteinträger wie Esparsette oder Luzerne sind die bessere Alternative
- Die Eiweiß- und Nährstoffversorgung muss individuell angepasst werden
- Professionelle Beratung hilft bei der optimalen Rationszusammenstellung
- Teure Fertigprodukte sind selten die beste Lösung
„Geben Sie Ihrem Senior, was er braucht!“ Mit solchen Werbesprüchen locken die Hersteller von Seniorenmüslis. Die bunten Säcke versprechen alles, was ein alterndes Pferd vermeintlich benötigt, um mindestens 100 zu werden. Doch was steckt wirklich in den teuren Spezialfuttermitteln? Und vor allem: Was braucht dein Senior tatsächlich?
Der Blick hinter die Kulissen
Öffnest du einen Sack Seniorenmüsli, fallen dir sofort die vielen bunten Bestandteile auf. Geflocktes Getreide in verschiedenen Farben, Pellets, Kräuter, getrocknetes Obst – das sieht auf den ersten Blick appetitlich und vielversprechend aus. Doch genau hier beginnt das Problem: Die Hauptbestandteile sind meist aufgeschlossene Getreideflocken, die im Verdauungstrakt sehr schnell zu Zucker umgewandelt werden.
Die Insulinfalle
Mit zunehmendem Alter entwickeln viele Pferde eine mehr oder weniger ausgeprägte (altersbedingte) Insulinresistenz. Der Stoffwechsel kann Zucker und Stärke nicht mehr so gut verarbeiten wie in jungen Jahren. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt nach stärkereichen Mahlzeiten stark an.
Das belastet nicht nur den Stoffwechsel, sondern erhöht auch das Risiko für Hufrehe und andere Stoffwechselerkrankungen, die dann oft unter dem Schlagwort „Cushing“ zusammengefasst und mit Medikamenten bekämpft werden. Dabei können artgerechte Fütterung und kluges Management des Pferdes die meisten „Cushing“-Fälle auf geradezu magische Weise gesunden lassen.
Die versteckten Zusätze
Ein Blick auf die Zutatenliste vieler Seniorenmüslis offenbart noch ein weiteres Problem: Neben Getreide finden sich hier oft Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie wie Trester, Kleien oder Schalen. Diese Rohfaserträger sind für den Hersteller günstig, bringen dem Pferd aber wenig Nutzen. Manche können sogar die Verwertung anderer Nährstoffe behindern.
Was dein Senior wirklich braucht
Alte Pferde brauchen vor allem eines: hochwertige, leicht verdauliche Rohfaser und ausreichend, aber nicht zu viel Eiweiß. Beides findest du in natürlichen Futtermitteln wie Esparsette, Luzerne oder speziellen Vitalcobs, die auf proteinreichen Pflanzenmischungen basieren. Diese faser- und eiweißreichen Futtermittel liefern wichtige Nährstoffe, ohne den Stoffwechsel mit Zucker und Stärke zu belasten.
Das Eiweiß-Dilemma
„Aber mein Senior braucht doch Eiweiß zum Muskelerhalt!“ – das stimmt, aber die Menge muss üassen. Denn zu viel Protein belastet die Nieren, die im Alter ohnehin nicht mehr so effizient arbeiten. Zu wenig Eiweiß führt auf der anderen Seite zu Muskelabbau. Die richtige Balance ist entscheidend und sollte individuell ermittelt werden. Ein kompetenter Ernährungsberater kann dir dabei helfen, die für dein Pferd zum Raufutter passende Zufütterung zusammenzustellen, die optimal unterstützt, ohne unnötig zu belasten.
Der Weg zur optimalen Ernährung
Statt pauschal zum Seniorenmüsli zu greifen, ist es immer sinnvoller, die Ration gezielt zusammenzustellen. Ein Beispiel für eine seniorengerechte Grundversorgung:
- Qualitativ hochwertiges Heu und ggf. Heucobs als Basis
- Ergänzung durch faserbasierte Eiweißträger wie Esparsette
- Ein hochwertiges, vitaminhaltiges, anorganisches Mineralfutter
- Bei Bedarf spezifische Ergänzungen für individuelle Probleme, z.B. Kräutermischungen bei Arthrose oder Kreislaufproblemen
Die Kostenwahrheit
Ein Sack Seniorenmüsli kostet oft das Drei- bis Vierfache von sinnvollen, gesunden Futtermitteln. Das fällt nur nicht so auf, weil die Menge im Sack heutzutage deutlich unter 25kg liegt und man halt irgendwie automatisch jede Woche an der Futtermühle vorbeifährt, um einen neuen Sack zu holen. Für das Geld, das du pro Monat für Seniormüslis ausgibst, kannst du in der Regel problemlos hochwertige Einzelkomponenten kaufen, die deinem Pferd mehr nutzen. Der vermeintliche Komfort des Fertigfutters rechnet sich selten.
Der Weg zur individuellen Lösung
Jedes Pferd ist anders, jeder Senior hat eigene Bedürfnisse. Ein kompetenter Ernährungsberater kann dir helfen, die optimale Ration für dein Pferd zusammenzustellen. Die Investition in eine gute Beratung zahlt sich meist schnell aus – durch geringere Futterkosten, durch reduzierte Tierarztkosten und vor allem durch ein gesünderes Pferd.
Weniger ist mehr – außer wenn es um Raufutter geht
Die beste Seniorenernährung ist oft die einfachste. Statt teurer Fertigmischungen mit fragwürdigen Zusätzen setze auf naturnahe, faserbasierte Futtermittel: Heu satt, dazu Heucobs wenn nötig und gegebenenfalls faserbasiertes Eiweiß wie Esparsette oder Luzerne. Lass dich bei der Zusammenstellung beraten und beobachte dein Pferd genau. Die Natur hat die besten Lösungen meist schon parat – wir müssen sie nur richtig nutzen.
Denk dran: Ein buntes Müsli macht vielleicht einen guten Eindruck in der Futterschüssel. Aber dein Pferd braucht keine Farbenvielfalt – es braucht Nährstoffe, die es optimal verwerten kann. Diese findest du meist in unscheinbareren, aber hochwertigeren Futtermitteln.
Mehr Informationen zum Thema alte Pferde gibt es auf unserer Themenseite: Alte Pferde