Wie die ayurvedischen Lebensenergien auch das Wesen von Pferden beeinflussen können
Das Wichtigste in Kürze
- Ayurveda beschreibt drei grundlegende Lebensenergien: Vata (Bewegung), Pitta (Stoffwechsel), Kapha (Struktur).
- Jedes Lebewesen trägt alle drei Doshas in sich – jedoch in individueller Ausprägung.
- Die Doshas wirken sowohl auf körperlicher als auch auf mentaler Ebene.
- Ein Ungleichgewicht der Doshas kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
- Pferde zeigen typische Merkmale je nach Dosha-Dominanz – z. B. im Verhalten, Stoffwechsel oder Körperbau.
- Das Verständnis der Doshas hilft, Haltung, Fütterung und Pflege individuell abzustimmen.
- Ziel ist nicht die „Korrektur“, sondern das harmonische Gleichgewicht im Organismus.
Doshas – die Grundpfeiler des ayurvedischen Systems
Im Ayurveda gelten Vata, Pitta und Kapha als die drei fundamentalen Prinzipien, die sämtliche Lebensprozesse steuern und regulieren. Diese Doshas sind keine messbaren, physischen Substanzen, sondern vielmehr energetische Funktionsprinzipien, die in jedem Lebewesen aktiv wirken. Sie entstehen aus der dynamischen Kombination der fünf Grundelemente – Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde – und beeinflussen alle körperlichen sowie geistigen Vorgänge.
Die drei Doshas im Überblick:
- Vata (entstehend aus Luft & Raum): Das Prinzip der Bewegung, Aktivität und Kommunikation
- Pitta (entstehend aus Feuer & Wasser): Reguliert Verdauung, Stoffwechsel und Temperaturhaushalt
- Kapha (entstehend aus Wasser & Erde): Sorgt für Stabilität, Struktur und Immunabwehr
Diese drei Doshas wirken niemals isoliert, sondern stets als zusammenhängendes System. Bei jedem Individuum bilden sie ein einzigartiges Mischverhältnis – die sogenannte Konstitution oder Prakriti. Das Ziel der ayurvedischen Lehre besteht darin, dieses individuelle Gleichgewicht zu erkennen, zu verstehen und dauerhaft zu bewahren.
Doshas bei Pferden: Eine erfolgreiche Übertragung
Obwohl Ayurveda ursprünglich für den Menschen entwickelt wurde, lassen sich die Dosha-Konzepte hervorragend auf Tiere – und insbesondere auf Pferde – übertragen. Die systematische Beobachtung von Temperament, Körperbau, Fressverhalten und Reaktionen auf verschiedene Umweltreize ermöglicht es, fundierte Rückschlüsse auf die individuelle Dosha-Verteilung eines Pferdes zu ziehen. Die Doshas erklären im Prinzip, warum ein Pferd so ist, wie es ist – und was es braucht, um gesund zu bleiben.
Vata-Pferde: Sensible Künstler der Bewegung
Pferde mit ausgeprägter Vata-Dominanz wirken oft leicht, nervös und hochsensibel. Sie zeichnen sich durch ihre Aufmerksamkeit und blitzschnelle Reaktionsfähigkeit aus, neigen jedoch gleichzeitig zu Schreckhaftigkeit. Ihr Körperbau ist meist zart und elegant, mit feinen Gliedmaßen und eher geringer Muskulatur. Diese Pferde sind besonders anfällig für Verdauungsprobleme, Wetterfühligkeit und ungewollten Gewichtsverlust. Typische Vertreter sind Araber, modernes Sportpferd und Vollblüter, was nicht heißt, dass man nicht auch mal einen Friesen im Vata-Typ haben kann.
Charakteristische Vata-Merkmale:
- Feingliedriger, eleganter Körperbau
- Unruhiges Verhalten und erhöhte Nervosität
- Hohe Empfindlichkeit gegenüber Kälte, Wind und Stress
- Häufig trockene Haut und rissige Hufe
- Wechselhafter Appetit und sensible Verdauung
Pitta-Pferde: Kraftvolle Leistungsträger
Pitta-Pferde sind die geborenen Athleten unter den Pferden: leistungsbereit, zielstrebig und ausgestattet mit einem muskulösen, harmonisch proportionierten Körper. Sie verfügen über außergewöhnlich starke Verdauungskräfte und einen effizienten Stoffwechsel. Bei Überforderung oder zu viel Druck können sie jedoch schnell gereizt oder hitzköpfig reagieren. Typische Pitta-Störungen äußern sich in Entzündungsprozessen, Magengeschwüren oder hartnäckigen Hautproblemen. Unter Sportpferden findet man naturgemäß viele Pitta-Typen, vom Quarter Horse bis zum Warmblut.
Charakteristische Pitta-Merkmale:
- Mittlerer bis sportlicher, gut definierter Körperbau
- Hohe Leistungsfähigkeit gepaart mit natürlichem Ehrgeiz
- Ausgesprochene Hitzeempfindlichkeit, schnelle Überhitzung
- Gereiztes Verhalten bei Überforderung oder Stress
- Neigung zu Entzündungen und Magenschleimhautproblemen
Kapha-Pferde: Ruhige Kraftpakete mit Ausdauer
Kapha-Pferde verkörpern Ruhe und Gelassenheit in Pferdegestalt. Sie besitzen einen eher kräftigen, stabilen Körperbau mit starken Knochen und beeindruckender Ausdauer. Ihr Wesen ist meist ausgeglichen und freundlich. Gleichzeitig neigen sie zu Trägheit, sind oft leichtfuttrig und zeigen eine Anfälligkeit für Stoffwechselstörungen wie Übergewicht oder Probleme mit dem Lymphabfluss. Schon an der Beschreibung sieht man den Kaltblüter oder Tinker vor sich oder den Freiber vom alten Typ. Aber auch die Barockpferde – vom Knabstrupper bis zum Lipizzaner – sind oft Kapha-Pferde.
Charakteristische Kapha-Merkmale:
- Massiger, stabiler und kraftvoller Körperbau
- Ruhiges, freundliches und ausgeglichenes Wesen
- Deutliche Neigung zu Übergewicht und Bewegungsmangel
- Ausgezeichnete Futterverwertung
- Anfälligkeit für Verschleimung und Lymphstau
Doshas im Ungleichgewicht: Warnsignale erkennen
Ein gestörtes Dosha-Gleichgewicht manifestiert sich häufig durch charakteristische Krankheitsmuster oder auffällige Verhaltensveränderungen. Wird beispielsweise ein sensibles Vata-Pferd dauerhaft überfordert oder chronischer Kälte ausgesetzt, verstärkt sich seine natürliche Nervosität dramatisch und es können ernsthafte körperliche Symptome auftreten.
Ähnlich verhält es sich bei den anderen Doshas: Ein Übermaß an Pitta kann zu schmerzhaften Magengeschwüren oder aggressivem Verhalten führen, während ein Kapha-Überschuss häufig mit trägen Stoffwechselprozessen oder deutlicher Antriebslosigkeit einhergeht.
Aus diesem Grund ist es von unschätzbarem Wert, das Grund-Dosha eines Pferdes zu kennen und frühe Warnsignale für ein drohendes Ungleichgewicht zu erkennen – auch wenn bei den meisten Pferden komplexe Mischtypen vorliegen.
Die Doshas als wertvoller Kompass
Wer die Doshas versteht, betrachtet Pferde nicht nur als einzigartige Individuen, sondern entwickelt auch ein tieferes Verständnis für ihre oft rätselhaften Reaktionen und Verhaltensweisen. Ayurveda liefert keine starren Patentrezepte, aber eine außerordentlich wertvolle und differenzierte Sichtweise auf Gesundheit, Persönlichkeit und individuelle Pflege.
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