Das Wichtigste in Kürze:
- Natürliche Pferdegruppen bestehen aus weitgehend gleichaltrigen Tieren
- Gemischte Altersgruppen erfordern besonderes Management
- Senioren brauchen mehr Ruhezeiten als junge Pferde
- Ein guter Herdenführer ist Gold wert für die Integration
- Nachts getrennt, tags gemeinsam kann eine gute Lösung sein
Die Integration von Seniorpferden in eine altersmäßig gemischte Gruppe stellt eine besondere Herausforderung dar. Während in der Natur meist mehr oder weniger gleichaltrige Pferde zusammenleben, treffen in unseren Offenställen oft regelrechte „Mehrgenerationen-WGs“ aufeinander. Das kann funktionieren – aber nur mit dem richtigen Management.
Der Generationenkonflikt
In der Natur leben Pferde in Familiengruppen zusammen, wobei sich die jungen Hengste irgendwann einer „Junggesellenherde“ anschließen, während die jungen Stuten sich oft mit einem neuen Hengst zusammentun, um eine neue Familie zu gründen. Pferde in freier Natur leben also entweder in ihrem gewachsenen Familienverbund oder suchen sich ihre Lebenspartner aus. In unseren Ställen hingegen müssen oft energiegeladene Dreijährige mit gemütlichen Rentnern harmonieren. Das führt zwangsläufig zu Konflikten, denn die Bedürfnisse sind einfach zu unterschiedlich.
Während die Youngster toben und spielen wollen, brauchen Senioren vor allem ihre Ruhe. Sie möchten in Frieden fressen und dösen, ohne ständig dem Bewegungsdrang der Jungen ausweichen zu müssen. Mit zunehmendem Alter werden Pferde in ihrem Verhalten meist deutlich defensiver. Selbst ehemalige Herdenchefs wollen irgendwann einfach nur noch ihre Ruhe haben.
Die Rolle des Herdenchefs
Entscheidend für das Funktionieren einer altersgemischten Gruppe ist ein souveräner Herdenführer. Ein guter Chef sorgt dafür, dass jedes Gruppenmitglied zu seinem Recht kommt. Er weist die jungen Wilden in ihre Schranken und sorgt dafür, dass die Senioren in Ruhe fressen und sich ausruhen können. Fehlt diese klare Führung, leiden meist die älteren Pferde unter dem übermütigen und gerne auch aufmüpfigen Verhalten der Jüngeren.
Clevere Kompromisse
Eine bewährte Lösung für altersgemischte Gruppen ist die zeitweise Trennung. Tagsüber können die Pferde gemeinsam auf der Weide oder dem Paddock sein, nachts kommen die Senioren in einen separaten Bereich. Hier haben sie ihre Ruhe zum Fressen und Schlafen, während Jungen weiter nach Herzenslust spielen und raufen können.
Der separate Bereich sollte dabei in Sicht- und Hörweite der Hauptgruppe sein. Das vermeidet Stress durch Isolation und ermöglicht den Senioren trotzdem ihre wichtigen Ruhephasen. Hier können sie in aller Ruhe ihre Heucobs fressen und sich zum Schlafen hinlegen, ohne gestört zu werden.
Rangordnung respektieren
Die Integration eines Seniors in eine bestehende Gruppe braucht Zeit und Fingerspitzengefühl. Dabei ist es wichtig, die natürliche Rangordnung zu respektieren und nicht vorschnell einzugreifen. Solange keine ernsthafte Gefahr besteht, sollten die Pferde ihre Position in der Gruppe selbst aushandeln können.
Wichtig ist aber, dass der Senior dabei genügend Ausweichmöglichkeiten hat und nicht in die Enge getrieben werden kann. Großzügige Flächen mit mehreren Fluchtmöglichkeiten sind daher unerlässlich für eine erfolgreiche Integration. Gerade für ältere Pferde bietet es sich an, eine Integration eher im Sommer auf der Weide durchzuführen, wo generell weniger Gruppenstress herrscht, als auf dem kleinen Winterauslauf mit seinem rutschigen Matschboden.
Der richtige Zeitpunkt
Die Integration sollte möglichst zu einer Zeit erfolgen, in der alle Pferde entspannt sind. Je nach Stallroutine haben sich die frühen Morgenstunden oder der späte Nachmittag bewährt, wenn der erste Bewegungsdrang gestillt ist und alle Pferde entspannt fressen. Auch das Wetter spielt eine Rolle – bei angenehmen Temperaturen und trockenem Wetter sind die Pferde meist ausgeglichener als bei extremer Hitze, Kälteeinbruch oder Sturm.
Geduld und Beobachtung
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der genauen Beobachtung. Wie verhält sich der Senior in der Gruppe? Findet er genügend Ruhe? Kommt er ausreichend zum Fressen? Zeichen von dauerhaftem Stress sind ein deutliches Signal, dass das Konzept überdacht werden muss.
Eine gelungene Integration braucht Zeit und manchmal mehrere Anläufe mit verschiedenen Konstellationen. Das Wichtigste ist, dabei die Bedürfnisse aller Beteiligten im Blick zu behalten und flexibel zu reagieren, wenn etwas nicht optimal läuft. Denn nur wenn alle – Jung und Alt – sich in ihrer Gruppe wohlfühlen, kann ein harmonisches Zusammenleben funktionieren.
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