Der Verdauungstrakt des Pferdes ist ein komplexes System, das speziell auf die Verwertung großer Mengen rohfaserreichen Futters ausgelegt ist. Dabei spielt der Dickdarm – bestehend aus Blinddarm, Grimmdarm und Enddarm – eine zentrale Rolle. Er ist verantwortlich für die mikrobielle Fermentation von Pflanzenfasern und damit für einen Großteil der Energiegewinnung. Kommt es in diesem empfindlichen System zu Störungen, kann das schwerwiegende Folgen für Gesundheit, Verhalten und Leistungsfähigkeit des Pferdes haben.
Die Rolle des Dickdarms im Verdauungssystem
Im Gegensatz zum Menschen verdaut das Pferd einen Großteil seiner Nahrung nicht enzymatisch im Dünndarm, sondern mikrobiell im Dickdarm. Hier leben Billionen von Bakterien, Pilzen und Protozoen, die pflanzliche Fasern in verdauliche Stoffe umwandeln – vor allem flüchtige Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat. Diese liefern dem Pferd einen beträchtlichen Teil seines täglichen Energiebedarfs.
Zusätzlich resorbiert der Dickdarm Wasser und Elektrolyte und trägt damit wesentlich zur Aufrechterhaltung des Flüssigkeitshaushalts bei.
Wie es zu Problemen im Dickdarm kommt
Das sensible Gleichgewicht der Darmflora kann durch verschiedene Einflüsse gestört werden:
Plötzliche Futterumstellungen führen häufig zu einer Fehlbesiedlung, insbesondere von Heu auf frisches Gras oder bei Wechsel der Heuqualität. Die Bakteriengemeinschaft braucht Zeit, sich auf neues Futter einzustellen.
Stärkeüberschuss im Futter durch zu viel Getreide kann den pH-Wert im Blinddarm senken. Dies hemmt faserabbauende Mikroorganismen und begünstigt die Vermehrung säureliebender, oft problematischer Bakterien.
Antibiotikagaben wirken nicht selektiv und töten auch nützliche Darmbakterien ab. Dadurch wird die Balance gestört, was das Risiko für Darmentzündungen und Durchfall erhöht.
Stress durch Transporte, Stallwechsel, Isolation oder Schmerz hat ebenfalls einen starken Einfluss auf die Darmgesundheit. Studien zeigen, dass Stress die Mikroflora negativ verändert und Entzündungen im Darm fördern kann.
Erzwungene Raufutterpausen, wie sie bei manchen Haltungsformen oder durch Stallroutine entstehen, beeinträchtigen die kontinuierliche Fermentation im Dickdarm.
Typische Anzeichen für Dickdarmprobleme
Nicht immer zeigen Pferde eindeutige Symptome – viele Anzeichen sind unspezifisch und schleichen sich langsam ein. Zu den häufigsten Hinweisen zählen:
- Veränderungen im Kot (weicher, unregelmäßig, (sauer) riechend)
- Häufige Koliken
- Blähungen oder laut gurgelnde Darmgeräusche
- Mattigkeit oder andere Verhaltensveränderungen (z. B. Aggressivität, Schreckhaftigkeit)
- Gewichtsverlust trotz scheinbar guter Fütterung
- Schlechter Fellwechsel, glanzloses Haarkleid
- Wiederkehrende Hufrehe (durch vermehrte Toxinbildung oder sauren pH-Wert im Darm)
Vorbeugung: Was Pferdebesitzer tun können
Die gute Nachricht: Viele Darmprobleme lassen sich durch konsequentes Management vermeiden.
Langsame Futterumstellungen
Neue Futtermittel sollten über mindestens 10–14 Tage schrittweise eingeführt werden – auch beim Wechsel zwischen verschiedenen Heulieferungen oder beim Anweiden. Bei besonders sensiblen Pferden sollte der Wechsel gegebenenfalls noch langsamer stattfinden.
Ausgewogene Ration
Eine stärke- und zuckerarme, dafür rohfaserreiche Ernährung mit qualitativ hochwertigem Heu als Basis ist entscheidend. Kraftfutter ist bei den meisten Pferden nicht notwendig und wenn doch, dann in kleinen Mengen über den Tag auf viele kleine Portionen verteilt.
Stetiger Zugang zu Raufutter
Artgerecht ist es, wenn das Pferd rund um die Uhr Zugang zu Heu oder – sofern die Gesundheit und die Jahreszeit es erlaubt – Weidegras hat. Das fördert eine stabile Fermentation und verhindert Säureüberschüsse.
Ausreichende Bewegung
Regelmäßiger Auslauf (ideal: Weidegang oder Paddocktrail) regt die Darmmotilität an und unterstützt damit die natürliche Darmflora.
Wasserverfügbarkeit sichern
Pferde benötigen viel Wasser für eine gesunde Verdauung – auch im Winter. Warmes Wasser im Winter für magensensible Pferde und regelmäßiges Tränken auf Transporten oder Veranstaltungen sind sinnvoll.
Antibiotika mit Bedacht einsetzen
Nur nach veterinärmedizinischer Indikation – und wenn möglich begleitend mit präbiotischen Maßnahmen zur Stabilisierung der Darmflora.
Handelt es sich um eine kurzfristige oder gar einmalige Antibiotikagabe ist eine gute Heuqualität mit hohem Faseranteil die beste Langzeitpflege für die Mikroben im Dickdarm. Es fördert eine stabile Fermentation und hilft, unerwünschte Bakterien wieder zu verdrängen.
Zusätzlicher Stress für die Darmflora sollte vermieden werden, indem während und kurz nach der Behandlung keine größeren Futterumstellungen erfolgen (z. B. Anweiden, neue Heucharge, Kraftfutter etc.).
Antibiotika können den Appetit und die Wasseraufnahme beeinflussen. Gerade im Zusammenhang mit Dickdarmproblemen ist eine ausreichende Wasserzufuhr essenziell zur Vermeidung von Verstopfungen und Kolik. Bei Pferden, die schlecht trinken, kann etwas Apfelsaft, Kräutertee dem Tränkewasser zugegeben oder durch Gabe von sehr flüssig eingeweichten Heucobs die tägliche Wasseraufnahme optimiert werden.
Wann sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden?
Akute Durchfälle, Koliken oder stark auffälliges Verhalten sollten stets tierärztlich abgeklärt werden. Auch chronische Gewichtsabnahme oder wiederkehrende Hufrehe können auf ein länger bestehendes Darmproblem hinweisen. Eine Kotanalyse, Ultraschall oder Blutwerte geben oft Aufschluss über das Ausmaß der Störung.
Zur Stabilisierung der Darmflora können je nach Befund eine Optimierung der Fütterung oder gezielte Ergänzungsfuttermittel zur Unterstützung der Darmsanierung sinnvoll sein. Hier hilft ein kompetenter Therapeut weiter: www.sanoanimal.de/therapeuten
Der Dickdarm des Pferdes ist ein faszinierendes, aber hochsensibles System. Seine Gesundheit hängt stark von einer faserreichen, gleichmäßigen Fütterung und einem stressarmen Lebensumfeld ab. Pferdebesitzer, die sich dieser Zusammenhänge bewusst sind, können durch umsichtiges Management viele Probleme vermeiden – und so die Lebensqualität und Leistungsbereitschaft ihres Pferdes langfristig erhalten.
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