Lesedauer 9 Minuten  

Das Wichtigste in Kürze

  • Verschiedene Automatisierungsgrade: Von einfachen Schiebersystemen über Vakuumanlagen bis hin zu vollautomatischen Reinigungsrobotern
  • Hohe Investitionskosten: Systeme kosten zwischen 5.000 Euro für einfache Schieber bis über 100.000 Euro für komplette Vakuumanlagen
  • Bauliche Voraussetzungen entscheidend: Befestigte Böden, ausreichende Raumhöhe und geeignete Stallarchitektur sind meist erforderlich
  • Wartungsintensiv: Komplexe Systeme benötigen regelmäßige professionelle Wartung und haben häufige Ausfallzeiten
  • Begrenzte Pferdetauglichkeit: Viele Systeme sind für Rinderställe entwickelt und nur bedingt für Pferdehaltung geeignet
  • Energieverbrauch beachten: Vakuum- und Robotersysteme verbrauchen erhebliche Mengen Strom für den Dauerbetrieb
  • Wirtschaftlichkeit fraglich: Amortisation oft erst nach 8-15 Jahren, abhängig von Betriebsgröße und Lohnkosten

Warum automatisierte Mistentsorgung verlockend erscheint

Das tägliche Ausmisten gehört zu den zeitaufwändigsten und körperlich anstrengendsten Arbeiten in der Pferdehaltung. Kaum ist man hinten fertig, kann man vorne eigentlich schon wieder anfangen. Bei einem durchschnittlichen Pferd fallen täglich 15-25 kg Mist an, bei größeren Betrieben summiert sich das schnell auf mehrere Tonnen pro Tag. Die Aussicht, diese Arbeit zu automatisieren, ist verständlicherweise attraktiv.

Moderne Automatisierungssysteme versprechen erhebliche Arbeitszeiteinsparungen und eine gleichmäßigere Stallhygiene. Doch die Realität zeigt: Viele Systeme sind ursprünglich für die Rinderhaltung entwickelt worden und stoßen bei der Anpassung an Pferdebetriebe an ihre Grenzen. Die hohen Investitionskosten und der komplexe Wartungsbedarf machen eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Rechnung unerlässlich.

Schiebersysteme: Bewährte Technik für Laufgänge

Automatische Schiebersysteme sind die einfachste Form der mechanisierten Mistentsorgung und schon seit vielen Jahren im Einsatz. Ein Schieber aus Stahl schiebt Mist und Schmutz in einer gleichmäßigen Bewegung in Richtung des Abwurfschachts. Diese Systeme funktionieren hauptsächlich auf befestigten Laufgängen und eignen sich besonders für Offenställe mit planbefestigten Böden oder Boxengassen.

Das Prinzip ist denkbar einfach: Man schaufelt den Mist nicht mehr in eine Karre, die man wegfährt, sondern nur in das Entsorgungssystem, das im Laufgang installiert oder eingelassen im Boden installiert ist (im klassischen Anbinde-Rinderstall also hinter den Kühen). Der Schrapper wird linear entlang des Laufgangs bewegt. Am Ende des Gangs hebt sich der Schieber leicht an, das reduziert den Widerstand beim Rücklauf und sorgt dafür, dass kein Mist zurückgeführt wird. Schaufeln muss man also im Pferdestall immer noch, aber nur noch bis zum Förderbereich, das hin- und herlaufen mit der Mistkarre entfällt.

Schiebersysteme kosten zwischen 5.000 und 15.000 Euro je nach Länge und Ausstattung. Sie sind robust und wartungsarm, funktionieren aber nur auf glatten, befestigten Oberflächen. In Pferdeboxen selber sind sie nicht einsetzbar, ebenso nicht im kompletten Offenstall, da sie die Einstreu mit dem Mist wegräumen würden.

Vakuumsysteme: Pneumatische Mistentfernung

Vakuum-Absauganlagen stellen eine technisch anspruchsvolle Lösung für die Mistentsorgung dar. Der Mist wird in einem Rohrsystem durch Luft von der Pferdebox zum Mistplatz transportiert. Das zentral über dem Mistplatz angebrachte Saugsystem saugt den Mist durch die Rohrleitungen.

Das System arbeitet mit hohem Unterdruck: Die Luft transportiert den Mist mit mehr als 30 m/s durch das Rohrsystem. Ein zentraler Zyklon trennt den Mist vom Luftstrom, sodass nur die gereinigte Luft wieder austritt. Die computergesteuerte, automatische Leistungsregulierung passt je nach Anforderung die Saugleistung der Anlage stufenlos an.

Die Installation erfordert ein komplettes Rohrsystem im Stall. In Neubauten werden die Rohre typischerweise unter den Pferdeboxen im Stallboden installiert. In bestehenden Ställen können die Rohre über den Pferdeboxen durchgeführt werden. Die Investitionskosten liegen zwischen 30.000 und 100.000 Euro je nach Stallgröße und Ausstattung. Auch hier muss man immer noch Mist schaufeln. Die Vakuumanlage nimmt einem aber den Abtransport über die Mistkarre ab und transportiert den Mist automatisch auf den Misthaufen oder in einen Misthänger.

Entmistungsroboter: Autonome Helfer im Stall

Die neueste Entwicklung in der automatisierten Stallreinigung sind selbstfahrende Roboter. Der bekannteste Vertreter ist der PriBot von Prinzing, ein autonomer Entmistungsroboter, der allerdings auch nur die Spaltenböden in Rinderställen zuverlässig und effizient reinigt. Er funktioniert ähnlich wie ein Staubsaugerroboter für zu Hause – nur größer und für Rindermist.

Für Pferdeställe gibt es den Active Cleaner, der über HIT Aktivställe vermarktet wird und schon etwas komplexer ist. Er säubert vollautomatisch Ausläufe und Paddocks. Gelenkt durch Kameras und eine intelligente Software steuert er gezielt die Äppelhaufen an und sammelt sie ein. Das System kann bis zu drei Pferdeapfelhaufen aufnehmen, bevor es zum Mistlager fährt und sich entleert. Der Roboter arbeitet mit verschiedenen Sensorsystemen. Die Beobachtung der zu säubernden Fläche erfolgt durch Kameras. Seine optimale Sammelroute findet der Active Cleaner durch maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz.

Praktische Probleme in der Pferdehaltung

Viele automatisierte Systeme stoßen in der Pferdehaltung an ihre Grenzen. Schiebersysteme funktionieren nur auf befestigten Böden ohne Einstreu. In normalen Pferdeboxen mit Stroh- oder Späneuntergrund räumen sie die gesamte Einstreu mit weg, anstatt nur den Mist zu entfernen, sodass man weiterhin eigentlich per Hand misten muss.

Vakuumsysteme haben ähnliche Probleme: Sie saugen nicht nur Mist, sondern auch Einstreu, Heu und andere Materialien an. Man muss also auch hier von Hand misten und lediglich die Entsorgung wird automatisiert. Die hohe Geräuschentwicklung kann zudem Pferde erschrecken und stressen.

Robotersysteme benötigen ebenfalls befestigte, relativ ebene Flächen. Befestigte Bodenverhältnisse sind nötig, damit die Maschinen Unrat von Trittflächen wie Sand unterscheiden können. In traditionellen Pferdeställen mit natürlichen Böden oder tiefer Einstreu können sie (noch) nicht eingesetzt werden. Mit der beschleunigten Entwicklung von Roboter- und KI-Systemen ist es allerdings nur eine Frage der Zeit, wann fortschrittlichere und flexiblere Mistsysteme auf den Markt kommen.

Wartung und Betriebskosten

Automatisierte Mistentsorungssysteme sind teuer in er Installation, wartungsintensiv und störungsanfällig. Vakuumanlagen benötigen regelmäßige Reinigung der Rohrleitungen und Wartung der Zentrifugen. Die hohen Luftgeschwindigkeiten führen zu Verschleiß an Rohrbiegungen und Ventilen.

Schiebersysteme haben mechanische Verschleißteile wie Führungsschienen, Antriebsketten und Schieberkanten, die regelmäßig ersetzt werden müssen. Bei Frost können hydraulische Systeme einfrieren, elektrische Komponenten sind anfällig für Stallstaub und Feuchtigkeit.

Robotersysteme benötigen die aufwändigste Wartung. Sensoren müssen regelmäßig gereinigt werden, Software-Updates sind nötig, und die Batterien haben begrenzte Lebensdauer. Ausfälle mitten im Winter bedeuten, dass man doch wieder die Äppel von Hand vom Auslauf kratzen und Stroh von Mist trennen muss.

Energieverbrauch und Umweltaspekte

Der Energieverbrauch automatisierter Systeme ist nicht unerheblich. Vakuumanlagen benötigen leistungsstarke Gebläse, die kontinuierlich mehrere Kilowatt verbrauchen. Durch die Leistungsregulierung wird Energie gespart und gleichzeitig wird garantiert, dass bei starker Beanspruchung entsprechend viel Saugleistung vorhanden ist, dennoch entstehen beträchtliche Stromkosten.

Schiebersysteme verbrauchen nur während der aktiven Räumzyklen Strom, meist einige hundert Watt für wenige Minuten mehrmals täglich. Robotersysteme liegen dazwischen, benötigen aber zusätzlich Strom für Sensoren, Computer und Ladestationen.

Bei den aktuellen Strompreisen entstehen jährliche Betriebskosten von 500-3000 Euro zusätzlich zu den Wartungskosten. Diese müssen bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigt werden.

Kosten-Nutzen-Rechnung: Wann lohnt sich die Investition?

Die Wirtschaftlichkeit automatisierter Mistentsorgung hängt stark von der Betriebsgröße und dem Stallaufbau ab. Bei fünf Pferden und täglich einer Stunde Mistarbeit zu 15 Euro Lohnkosten entstehen jährliche Arbeitskosten von etwa 5.500 Euro. Ein 15.000-Euro-Schiebersystem würde sich theoretisch in drei Jahren amortisieren.

Praktisch ist die Rechnung komplexer: Nicht alle Mistarbeit entfällt, da Offenstall Liegefläche, Ausläufe und Boxen trotzdem von Hand gemistet werden müssen und nur der Abtransport entfällt oder vereinfacht wird – also vielleicht die Hälfte der Arbeitszeit eingespart wird. Die Systeme funktionieren meist nur in Teilbereichen des Betriebs, sodass weiterhin z.B. bei entfernter gelegenen Ausläufen Handarbeit nötig ist. Wartungs- und Energiekosten verlängern die Amortisationszeit auf 8-15 Jahre.

Kleinere Betriebe mit wenigen Pferden erreichen selten eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Bei größeren Anlagen mit 20 oder mehr Pferden und überwiegender Boxen oder Paddockboxenhaltung kann sich die Investition lohnen, besonders wenn Arbeitskräfte schwer zu finden oder teuer sind.

Pferdemist wird mit Mistschaufel aufgesammelt
Ob sich eine Anschaffung von einer automatischen Mistentsorgung lohnt hängt von vielen Faktoren ab © Adobe Stock / JackF

Alternative Lösungen: Maschinelle Unterstützung

Bevor man in vollautomatische Systeme investiert, solltest man einfachere maschinelle Hilfsmittel prüfen. Für Rad- oder Hoflader bietet der Markt verschiedene Anbaugeräte, die beim Entmisten von Offenställen hilfreich sein können. Dazu zählen beispielsweise Gummilippen, wenn es ans Zusammenschieben von Mist geht, Schaufeln, wenn größere Mengen eingesammelt werden müssen.

Der Mistblitz ist eine bewährte Kehrmaschinen-Lösung für befestigte Flächen. Er eignet sich für das Kehren von Weide, Paddock und Offenstall sowie Aufsattelplätzen, Innenhöfen, Pferde- und Rinderlaufställen. Diese Systeme kosten zwischen 3.000 und 8.000 Euro und bieten eine gute Balance zwischen Automatisierung und Flexibilität.

Auch Elektro-Schubkarren oder Akku-Schieber können die Arbeit erheblich erleichtern. Der Akku-Gülle- und Spaltenschieber „SP 94“ der Firma Limpar ermöglicht das Zusammenschieben des Mists, sodass er mit dem Frontlader vom Hoftruck aufgenommen werden kann. Diese Lösungen kosten 2.000-5.000 Euro und sind flexibel einsetzbar. Auch hier: gemistet wird weiter per Hand, aber der Abtransport kann deutlich effizienter organisiert werden als mit der Schubkarre.

Planungsaspekte und bauliche Voraussetzungen

Falls man sich für ein automatisiertes System entscheidet, ist die Planung entscheidend. Schiebersysteme benötigen durchgehende, befestigte Laufgänge mit ausreichendem Gefälle zum Mistplatz. Hindernisse wie Tränken oder Pfeiler müssen umfahrbar sein oder spezielle Aussparungen haben.

Vakuumanlagen erfordern ein komplettes Rohrsystem mit Anschlüssen in jeder Box. Die zentrale Absaugeinheit benötigt einen separaten, gut belüfteten Raum und Stromanschluss. Die Rohrleitungen müssen regelmäßig zugänglich für Reinigung und Wartung sein.

Robotersysteme brauchen ebene, hindernisfreie Flächen und Ladestationen mit Stromanschluss. Damit der Active Cleaner arbeiten kann, muss die Fläche relativ eben und befestigt sein. Tiefe Matschausläufe Marke „Stiefelzieher“ kann der Roboter nicht befahren. Die Einfahrten müssen ausreichend breit und die Tore hoch genug für den Roboter sein.

Kritische Bewertung der Automatisierung

Automatisierte Mistentsorgungssysteme sind technisch faszinierend, aber in der Pferdehaltung oft noch problematisch. Die hohen Investitionskosten, der komplexe Wartungsbedarf und die begrenzten Einsatzmöglichkeiten machen sie für die meisten Pferdebetriebe unwirtschaftlich.

Die Systeme funktionieren am besten in großen, modernen Stallanlagen mit befestigten Böden und wenig Einstreu. In traditionellen Pferdeställen mit Boxenhaltung oder Offenställen mit unbefestigten Ausläufe und artgerecht dicker Einstreu im Unterstand stoßen sie schnell an ihre Grenzen.

Bevor man in teure Automatisierung investiert, sollte man einfachere Lösungen prüfen: Elektroschubkarren, ein Quad mit Anhänger oder Anbaugeräte für vorhandene Maschinen können die Arbeit bereits erheblich erleichtern. Diese Investitionen sind überschaubar, flexibel einsetzbar und meist wirtschaftlicher als Vollautomatisierung.

Falls man dennoch automatisierte Systeme in Betracht zieht, sollte man sich vorher unbedingt ausführlich beraten lassen und alle Investitions- und laufenden Kosten realistisch durchrechnen. Die Amortisationszeit ist meist länger als erwartet, und die Abhängigkeit von funktionierender Technik kann in kritischen Situationen zum Problem werden.

Team Sanoanimal