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Das Wichtigste in Kürze

  • Körperliche Entlastung durch technische Hilfsmittel reduziert Verschleiß und verlängert die Berufsfähigkeit
  • Exoskelette unterstützen bei schwerem Heben und Tragen, sind aber noch teuer und gewöhnungsbedürftig
  • Elektrische Lastenhilfen wie Hubwagen und Transportfahrzeuge erleichtern den Futtertransport erheblich
  • Automatische Tore und Türen sparen täglich hunderte Öffnungs- und Schließvorgänge
  • Kosten variieren von 500 Euro für einfache Hilfsmittel bis 50.000 Euro für professionelle Exoskelette
  • Gesundheitsprävention steht im Vordergrund – Investition in Mitarbeitergesundheit zahlt sich langfristig aus

Die Arbeit im Pferdestall ist körperlich anspruchsvoll: Schwere Futtersäcke schleppen, Mistgabeln schwingen, Tore öffnen und schließen, Pferde führen – all das belastet Rücken, Gelenke und Muskulatur erheblich. Mit dem demographischen Wandel arbeiten Menschen länger und die Belegschaften werden älter. Gleichzeitig wird es schwieriger, junge Arbeitskräfte für die körperlich fordernde Stallarbeit zu gewinnen.

Technische Hilfsmittel können hier einen entscheidenden Beitrag leisten: Sie reduzieren die körperliche Belastung, verringern das Verletzungsrisiko und ermöglichen es auch älteren oder körperlich eingeschränkten Menschen, weiterhin im Stall zu arbeiten. Gleichzeitig steigern sie oft die Arbeitseffizienz und können langfristig sogar Kosten sparen.

Exoskelette – High-Tech für den Rücken

Exoskelette sind am Körper getragene mechanische Strukturen, die die menschliche Bewegung unterstützen und verstärken. Im Stallbereich sind vor allem passive Exoskelette interessant, die ohne Motor oder Batterie arbeiten und die natürlichen Bewegungen des Trägers durch Federn und Hebelmechanismen unterstützen.

Beim Heben schwerer Lasten – etwa eines 25-kg-Futtersacks – kann ein Rücken-Exoskelett bis zu 40% der Belastung von der Lendenwirbelsäule nehmen. Die Kraft wird über das Gestell auf die Beine umgeleitet, wodurch der Rücken deutlich entlastet wird.

Anwendungsbereiche im Pferdestall

Exoskelette eignen sich besonders für wiederkehrende Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen:

  • Transport von Futtersäcken und Heuballen
  • Laden und Entladen von Futterlieferungen
  • Misten mit schweren, gefüllten Schubkarren
  • Arbeiten in gebückt Position (Hufe auskratzen, Bandagieren)
  • Stallreinigung mit schwerem Gerät

Die Systeme werden wie ein Rucksack angelegt und passen sich der natürlichen Bewegung an. Moderne Exoskelette sind so konzipiert, dass sie die Bewegungsfreiheit kaum einschränken.

Grenzen und Herausforderungen

Exoskelette haben noch einige Nachteile: Sie sind teuer (3.000-50.000 Euro), gewöhnungsbedürftig und nicht für alle Tätigkeiten geeignet. Bei filigranen Arbeiten oder beim Umgang mit Pferden können sie hinderlich sein. Auch die Hygiene ist ein Thema – die Systeme müssen regelmäßig gereinigt werden können. Das Auseinander- und wieder Zusammenbauen ist umständlicher, als nur die Arbeitskleidung in die Waschmaschine zu schmeißen, daher ist die Akzeptanz bei den Mitarbeitern oft eher schwierig.

Derzeit werden Exoskelette hauptsächlich in der Industrie und Logistik eingesetzt. Für Pferdebetriebe sind sie noch zu teuer, könnten aber mittelfristig interessant werden, wenn die Preise sinken.

Elektrische Lastenhilfen – bewährte Technik für schwere Arbeiten

Elektrische Hubwagen oder Hoftrucks mit Frontgabel sind bereits heute eine praktikable Lösung für viele Pferdebetriebe. Mit ihnen lassen sich Paletten mit Futter, schwere Geräte oder Mistcontainer mühelos bewegen. Moderne Geräte haben Traglasten von 1.000-2.000 kg und schaffen auch Steigungen problemlos.

Besonders interessant sind Allterrain-Hubwagen mit breiten Reifen, die auch auf unbefestigten Stallwegen funktionieren. Einige Modelle haben sogar eine Kippfunktion für Schubkarren oder Container.

Elektrische Schubkarren nehmen dem Stallpersonal das Schieben und Ziehen schwerer Lasten ab. Moderne Versionen folgen dem Benutzer automatisch oder können per Fernbedienung gesteuert werden. Für größere Betriebe sind elektrische Dumper mit 500-1.000 Liter Ladefläche interessant. Die Geräte sind robust, wetterfest und haben meist Akkus für einen ganzen Arbeitstag. Anschaffungskosten liegen zwischen 3.000-15.000 Euro je nach Größe und Ausstattung.

Spezielle Hebehilfen für Säcke und Ballen erleichtern das Be- und Entladen von Fahrzeugen erheblich. Vakuumheber können Säcke bis 50 kg mühelos anheben, mobile Krane schaffen auch schwerere Lasten. Diese Geräte kosten zwischen 2.000-8.000 Euro, amortisieren sich aber schnell durch reduzierten Krankenstand.

Automatische Tore und Türen – mehr Komfort und Sicherheit

Automatische Hoftore sparen nicht nur Zeit, sondern auch Kraft. Wer täglich 20-30 Mal schwere Metalltore öffnen und schließen muss, belastet Arme und Rücken erheblich. Elektrische Torantriebe übernehmen diese Arbeit und können per Fernbedienung, Taster oder sogar Smartphone gesteuert werden.

Moderne Systeme haben Sicherheitssensoren, die Personen und Tiere erkennen. Sie können auch mit Zugangskontrollen gekoppelt werden, sodass nur berechtigte Personen das Tor öffnen können.

Auch im Stallinneren können automatische Türen die Arbeit erleichtern. Elektrische Schiebetüren an Boxen lassen sich per Knopfdruck öffnen, ohne dass das Personal umständlich Riegel bewegen muss. Besonders bei vielen Boxen summiert sich die Zeitersparnis.

Paddocktore mit elektrischem Antrieb ermöglichen es, Pferde ein- und auszuschleusen, ohne selbst das Tor passieren zu müssen. Das erhöht die Sicherheit, besonders bei unruhigen oder aggressiven Pferden.

Sicherheitsaspekte automatischer Systeme

Automatische Tore müssen hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Quetsch- und Scherstellen müssen abgesichert sein, Notentriegelungen sind vorgeschrieben. Bei Stromausfall müssen die Systeme manuell zu bedienen sein.

Regelmäßige Wartung ist essentiell – defekte automatische Tore können zur Gefahr werden. Die jährlichen Wartungskosten liegen meist bei 200-500 Euro pro Tor.

Weitere technische Hilfsmittel für den Stallalltag

Elektrische Werkzeuge und Geräte

Moderne Elektrowerkzeuge können viele Aufgaben erleichtern:

  • Akkuschrauber für Reparaturen und Montagen
  • Elektrische Scheren für Hecken und Zäune
  • Akku-Hochdruckreiniger für die Stallreinigung
  • Motorsense für Wegepflege
  • Akku-Kettensägen für Baumpflege

Diese Werkzeuge sind oft leichter und ergonomischer als ihre manuellen Pendants. Moderne Akkusysteme ermöglichen auch längere Arbeitszeiten ohne Kabel.

Ergonomische Handwerkzeuge

Auch klassische Handwerkzeuge werden ergonomischer:

  • Mistgabeln mit gebogenen Stielen reduzieren Rückenbelastung
  • Schubkarren mit zwei Rädern sind leichter zu manövrieren
  • Besen und Rechen mit teleskopierbaren Stielen passen sich der Körpergröße an
  • Rutschfeste Griffe reduzieren die nötige Kraftanstrengung

Diese Verbesserungen kosten oft nur wenige Euro mehr, bringen aber spürbare Entlastung im Alltag.

Beleuchtung für bessere Arbeitsplätze

Gute Beleuchtung reduziert die Anstrengung und das Verletzungsrisiko. LED-Strahler mit hoher Lichtausbeute schaffen optimale Arbeitsbedingungen. Bewegungsmelder sorgen dafür, dass das Licht automatisch angeht, wenn jemand den Bereich betritt.

Mobile LED-Leuchten mit Akkubetrieb können auch in abgelegenen Stallbereichen für gute Sichtverhältnisse sorgen. Die Investition in bessere Beleuchtung zahlt sich durch weniger Unfälle und höhere Arbeitseffizienz aus.

Kosten-Nutzen-Analyse

Technische Hilfsmittel können langfristig Kosten sparen durch:

  • Reduzierte Krankenstände und Arbeitsausfälle
  • Höhere Arbeitseffizienz und Produktivität
  • Längere Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter
  • Geringere Fluktuation durch bessere Arbeitsbedingungen
  • Niedrigere Versicherungsprämien durch weniger Arbeitsunfälle

Ein Betrieb, der 10.000 Euro in ergonomische Hilfsmittel investiert, kann diese Summe oft schon durch einen verhinderten längeren Krankenstand innerhalb kürzester Zeit amortisieren.

Verschiedene Institutionen fördern technische Hilfsmittel am Arbeitsplatz:

  • Berufsgenossenschaften bezuschussen präventive Maßnahmen
  • Rentenversicherung fördert Hilfsmittel zur Berufsfähigkeitserhaltung
  • Einige Bundesländer haben spezielle Programme für Landwirtschaftsbetriebe
  • Auch steuerliche Abschreibung als Betriebsausgabe ist möglich

Mitarbeiterakzeptanz und Einführungsstrategien

Neue Technik stößt nicht immer auf Begeisterung. Häufige Einwände sind:

  • „Das haben wir schon immer so gemacht“
  • „Die Technik ist zu kompliziert“
  • „Das kostet nur Zeit „
  • „Wir sind doch keine Schwächlinge“

Wichtig ist, die Vorteile klar zu kommunizieren und die Mitarbeiter in die Auswahl einzubeziehen. Testphasen helfen, Berührungsängste abzubauen. Neue technische Hilfsmittel erfordern meist eine Einarbeitung. Diese sollte professionell durchgeführt werden, um Frustration zu vermeiden. Viele Hersteller bieten Schulungen oder Einweisungen an. Wichtig ist auch, die Wartung und Pflege der Geräte zu erklären. Nur gut gewartete Technik funktioniert zuverlässig und wird von den Mitarbeitern akzeptiert.

Die Einführung technischer Hilfsmittel ist ein Prozess. Regelmäßiges Feedback der Mitarbeiter hilft, Verbesserungen zu identifizieren und die Systeme zu optimieren. Auch neue Entwicklungen sollten im Blick behalten werden.

Zukunftstrends und Entwicklungen

Zukünftige Hilfssysteme werden intelligenter und können sich an die Arbeitsweise des Nutzers anpassen. KI-gesteuerte Exoskelette lernen die bevorzugten Bewegungsmuster und optimieren die Unterstützung automatisch. Langfristig sind selbst komplett autark arbeitende Mistroboter denkbar, welche Äpple und nassen Stroh von Heu und Stroh auseinander sortieren und den Mist direkt in die Mistkarre befördern, die – wenn sie voll ist – autark zum Misthaufen fährt und sich entleert.

Auch die Vernetzung verschiedener Systeme wird zunehmen. Wenn der elektrische Mistwagen automatisch erkennt, dass er beladen ist, kann er das automatische Tor öffnen lassen.

Demografischer Wandel als Treiber

Der demografische Wandel wird die Nachfrage nach technischen Hilfsmitteln weiter steigen lassen. Wenn qualifizierte Stallkräfte länger arbeiten sollen, müssen die Arbeitsbedingungen entsprechend angepasst werden. Gleichzeitig bieten technische Hilfsmittel die Chance, auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Arbeit im Stall zu ermöglichen und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Auswahl der richtigen Hilfsmittel

Vor der Anschaffung sollte eine systematische Analyse der körperlichen Belastungen erfolgen:

  • Welche Tätigkeiten verursachen die meisten Beschwerden?
  • Wo treten häufig Arbeitsunfälle auf?
  • Welche Arbeitsschritte dauern besonders lange?
  • Was sind die Hauptkritikpunkte der Mitarbeiter?

Diese Analyse hilft bei der Prioritätensetzung und Auswahl geeigneter Hilfsmittel.

Viele Hersteller bieten Teststellungen oder Vorführungen an. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden, um die Praxistauglichkeit zu prüfen. Auch Messen und Fachveranstaltungen bieten Gelegenheiten, verschiedene Systeme zu vergleichen.

Bei technischen Hilfsmitteln ist die Qualität entscheidend. Billige Systeme, die schnell kaputt gehen oder schlecht funktionieren, werden von den Mitarbeitern abgelehnt. Auch der Service ist wichtig – schnelle Reparaturen und Ersatzteilversorgung sind essentiell. Referenzen von anderen Pferdebetrieben können bei der Auswahl helfen. Der Erfahrungsaustausch mit Kollegen ist oft wertvoller als Verkaufsprospekte.

Investition in Mitarbeitergesundheit und Zukunftsfähigkeit

Technische Hilfsmittel für den Stallalltag sind keine Luxusausstattung, sondern eine notwendige Investition in die Gesundheit der Mitarbeiter und die Zukunftsfähigkeit des Betriebs. Sie ermöglichen es, körperlich fordernde Arbeiten auch im höheren Alter auszuführen und können die Arbeitszufriedenheit erheblich steigern.

Während High-Tech-Lösungen wie Exoskelette noch teuer sind, gibt es bereits heute viele praktikable und bezahlbare Hilfsmittel. Von ergonomischen Handwerkzeugen über elektrische Transportfahrzeuge bis zu automatischen Toren – die Palette ist breit und für jeden Betrieb und jeden Geldbeutel ist etwas dabei.

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel werden die Bedeutung technischer Hilfsmittel weiter steigern. Betriebe, die frühzeitig in diese Technologien investieren, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit und Lebensqualität ihrer Beschäftigten.

Team Sanoanimal