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Von Krankheiten bis Stress: Warum Fliegen, Mücken und Bremsen ernste Probleme verursachen können

Das Wichtigste in Kürze

  • Krankheitsüberträger: Fliegen transportieren gefährliche Bakterien und Viren zwischen Pferden
  • Schmerzhafte Stiche: Bremsen und Mücken verursachen langanhaltende Schwellungen und Entzündungen
  • Augenprobleme: Bindehautentzündungen und tränende Augen durch Fliegenbefall
  • Psychischer Stress: Dauerhafte Insektenbelastung kann zu Verhaltensstörungen führen
  • Sommerekzem: Allergische Reaktionen auf Insektenspeichel mit schwerwiegenden Folgen
  • Wundheilung: Verschleppte Heilung durch ständige Kontamination offener Stellen

Die meisten Pferdebesitzer sehen Fliegen, Mücken und Bremsen in erster Linie als lästige Störenfriede. Dabei übersehen sie oft, dass diese kleinen Plagegeister ernsthafte Gesundheitsrisiken für ihre Vierbeiner darstellen können. Von der Übertragung gefährlicher Krankheiten bis hin zu psychischen Belastungen – die Auswirkungen von Insektenbefall gehen weit über das hinaus, was auf den ersten Blick sichtbar ist.

Fliegen sind immer noch unterschätzt als Krankheitsüberträger

Bakterienschleudern mit Flügeln

Stallfliegen mögen harmlos wirken, sind aber wahre Bakterienschleudern. Diese Insekten haben eine Vorliebe für Kot ebenso wie für feuchte Körperstellen wie Nüstern, Augenwinkel und offene Wunden. Dabei fungieren ihre Beine und Mundwerkzeuge als Transportmittel für Krankheitserreger aller Art.

Das Problem liegt in ihrem Verhalten: Eine Fliege, die gerade noch auf einem infizierten Wundbereich des einen Pferdes gelandet ist, fliegt im nächsten Moment in das Gesicht eines anderen, um am Auge Tränenflüssigkeit zu trinken. Bakterien, Pilze und sogar Viren werden so mühelos von Tier zu Tier übertragen.

Augeninfektionen auf dem Vormarsch

Besonders häufig sind Bindehautentzündungen durch Fliegenbefall. Die empfindliche Augenregion reagiert extrem sensibel auf die Bakterien, die Fliegen an ihren Beinen mitgebracht haben. Was als leichte Rötung beginnt, kann sich schnell zu einer hartnäckigen oder sogar eitrigen Entzündung entwickeln, die tierärztliche Behandlung erfordert. Tränende Augen sind oft das erste Anzeichen – doch genau diese Feuchtigkeit lockt noch mehr Fliegen an. Ein Teufelskreis entsteht, der ohne konsequente Behandlung und vor allem effektive Fliegenabwehr schwer zu durchbrechen ist.

Problematische Wundheilung

Offene Wunden jeder Art ziehen Fliegen ebenso magisch an wie der Misthaufen. Die ständige Kontamination durch immer neue Insekten verzögert die Heilung erheblich und kann zu chronischen Entzündungen führen. Selbst kleinste Verletzungen können so zu langwierigen Problemen werden.

Fliegende Blutsauger mit schmerzhaften Folgen

Bremsen: Die Schmerzhaftesten unter den Plagegeistern

Bremsenstiche gehören zu den unangenehmsten Insektenstichen überhaupt, das kann wohl jeder Pferdemensch bestätigen, der sogar durch den Stoff der Reithose hindurch gestochen wurde. Diese robusten Fliegen haben kräftige Mundwerkzeuge, die regelrecht durch die Haut schneiden. Der Stich selbst ist bereits schmerzhaft, aber die Folgen können wochenlang anhalten.

Der Speichel der Bremsen enthält gerinnungshemmende Substanzen, die das Blut flüssig halten sollen. Gleichzeitig lösen diese Stoffe heftige Immunreaktionen aus. Schwellungen von Hühnereigröße sind keine Seltenheit, und die betroffenen Stellen können tagelang heiß und schmerzhaft bleiben. Kein Wunder, dass viele Pferde auf Weiden, die von Bremsen heimgesucht werden, geradezu panisch auf und ab rennen, in dem Versuch, ihnen zu entkommen.

Mücken, Kriebelmücken, Gnitzen & Co: Klein aber fies

Stechmücken und ihre Verwandten mögen kleiner sein als Bremsen, aber ihr Schadenspotential ist schon allein durch ihr massenhaftes Auftreten nicht zu unterschätzen. Ihre Stiche jucken intensiv und können bei empfindlichen Pferden zu ausgedehnten Schwellungen führen. Besonders problematisch wird es nicht nur, wenn die Pferde eine Allergie gegen den Mückenspeichel entwickeln und daraus ein Sommerekzem entsteht. Wennsich die Pferde die juckenden Stellen aufscheuern entstehen häufig sekundäre Hautinfektionen, die dann langwierig in der Behandlung sind, vor allem, wenn auch noch viele Fliegen auf dem Hof sind.

Virusübertragung: Eine wachsende Bedrohung

Mücken können auch als Überträger gefährlicher Viren fungieren. Das West-Nil-Virus, das ursprünglich in wärmeren Regionen heimisch war, breitet sich zunehmend auch in nördlicheren Gebieten aus. Bestimmte Stechmücken dienen als Zwischenwirte und können das Virus beispielsweise von Wildvögeln (den eigentlichen Zielorganismen der Viren) auf Pferde übertragen.

Die Symptome reichen von Fieber und Teilnahmslosigkeit bis hin zu erheblichen neurologischen Ausfällen. In schweren Fällen kann eine Infektion tödlich verlaufen, weshalb die Prävention durch Insektenschutz in betroffenen Regionen besonders wichtig ist.

Psychische Belastung durch dauerhaften Insektenstress

Wenn Entspannung unmöglich wird

Pferde, die ständig von Insekten geplagt werden, können keine Ruhe finden. Statt entspannt zu grasen oder zu dösen, sind sie permanent damit beschäftigt, Fliegen und Mücken abzuwehren. Diese chronische Anspannung führt zu messbarem Stress, der sich auf das gesamte Wohlbefinden auswirkt.

Verhaltensstörungen als Folge

In besonders belasteten Gebieten entwickeln manche Pferde auffällige Verhaltensweisen. Ständiges Kopfschütteln (Headshaking), nervöses Umherlaufen oder extreme Schreckhaftigkeit können die Folge sein. Diese Störungen beeinträchtigen nicht nur die Lebensqualität des Pferdes, sondern machen auch den Umgang und das Reiten schwierig bis gefährlich.

Fressverhalten verändert sich

Pferde, die permanent von Insekten belästigt werden, nehmen oft weniger Futter auf oder fressen hastig und nervös. Die ständige Unterbrechung beim Grasen kann zu Gewichtsverlust und Nährstoffmangel führen – besonders bei Pferden, die ohnehin zu dünn oder schwerfuttrigsind. Hier muss man vor allem Pferde im Auge behalten, die auf Sommerweide gehen, also mehrere Monate tags und nachts durchgehend auf der Weide sind. Viele Besitzer gehen davon aus, dass das die natürlichste Form der Pferdehaltung ist und verbringen die heißen Sommermonate im Urlaub und am Badesee statt im Stall – um dann am Ende der Sommerweide schockiert ein ausgesprochen schlecht aussehendes und gestresstes Pferd zurückzubekommen. 

Pferd kratzt sich den Hintern an meinem Schild
© Adobe Stock / EdwardSamuel

Sommerekzem: Wenn das Immunsystem überreagiert

Allergische Reaktion mit schweren Folgen

Das Sommerekzem stellt die extremste Form der Reaktion auf Insektenstiche dar. Betroffene Pferde entwickeln eine heftige allergische Reaktion auf den Speichel bestimmter Mückenarten (Kriebelmücken, Gnitzen). Was bei gesunden Pferden nur einen kleinen Stich verursacht, löst bei Ekzemern einen intensiven Juckreiz aus, bis hin zum kompletten Verlust von Mähne und Schweif – sodass sich die betroffenen Tiere noch schlechter gegen die Plagegeister wehren können.

Der Teufelskreis des Juckens

Die betroffenen Pferde scheuern sich außerdem oft so heftig, dass offene, blutende Wunden entstehen. Diese Verletzungen heilen schlecht und werden häufig von Bakterien besiedelt. Der Juckreiz verstärkt sich dadurch noch weiter, und ein Teufelskreis entsteht, der ohne konsequente Behandlung kaum zu durchbrechen ist.

Langfristige Schäden möglich

Unbehandeltes Sommerekzem kann zu dauerhaften Hautveränderungen führen. Haarlose Stellen, vernarbte Bereiche und chronisch verdickte Haut bleiben oft auch nach erfolgreicher Behandlung zurück. Frühzeitige Intervention ist daher entscheidend.

Versteckte Stoffwechselprobleme machen das Pferd für Insekten attraktiv

Mehr als nur oberflächliche Symptome

Interessant ist, dass hinter vielen Insektenproblemen oft tieferliegende Stoffwechselstörungen stecken. Pferde mit gestörter Entgiftungsfunktion oder Stoffwechselimbalancen leiden häufig unter einem deutlich stärkeren Befall als die gesunden Herdenkollegen. Außerdem reagieren sie meist auch deutlich heftiger auf Insektenstiche und haben aufgrund ihrer Stoffwechselprobleme meist auch eine gestörte Wundheilung. 

Das Sommerekzem beispielsweise geht oft mit einer sogenannten Kryptopyrrolurie (KPU) einher – einer Störung des Stoffwechsels. Auch an der Mär vom „Süßen Blut“, dessen Träger besonders gerne von Mücken gestochen werden, ist etwas dran: Je höher der Blutzuckerspiegel, umso mehr Energie bekommt der Blutsauger pro Blutmahlzeit. Ein Pferd mit Insulinresistenz und dadurch ständig erhöhtem Blutzuckerspiegel ist also in der Tat eine attraktivere Beute für eine Mücke oder Bremse als ein Pferd mit normalem Blutzuckerhaushalt.

Früherkennung ist entscheidend

Die Intensität der Reaktion auf Insektenstiche kann daher auch als Frühwarnsystem für andere Gesundheitsprobleme dienen. Pferde, die besonders stark befallen werden von Insekten oder plötzlich sehr stark auf Stiche reagieren, sollten unbedingt auf Stoffwechselprobleme hinuntersucht werden. Ein kompetenter Ernährungsberater hilft hier weiter.

Wann professionelle Hilfe nötig ist

Nicht jeder Insektenstich erfordert sofortige tierärztliche Behandlung. Alarmsignale, bei denen man aber dringend handeln sollten, sind:

  • Massive Schwellungen, die nicht nach 24 Stunden abklingen
  • Eitrige Entzündungen an Stichstellen
  • Anhaltende Augenprobleme mit starkem Tränenfluss
  • Verhaltensveränderungen durch extremen Insektenstress
  • Offene Wunden durch übermäßiges Scheuern
  • Fieber in Verbindung mit Insektenstichen

Die Gefahr durch Insekten wird oft unterschätzt, dabei können die kleinen Plagegeister erhebliche Gesundheitsprobleme verursachen. Ein bewusster Umgang mit dem Thema und rechtzeitige Schutzmaßnahmen können viel Leid verhindern und die Lebensqualität unserer Pferde erheblich verbessern

Team Sanoanimal