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Wie gut gemeintes Zufüttern dem Pferd schaden kann

Das Wichtigste in Kürze

  • Zusätzliche Futtermittel wie Mash, Müslis oder Leckerlis sind oft versteckte Kalorienbomben.
  • „Getreidefrei“ heißt nicht automatisch „kalorienarm“ – viele Produkte enthalten viel Protein und Fett.
  • Die sprichwörtliche „Liebe, die durch den Magen geht“ ist oft der Grund für Übergewicht – vor allem, wenn das Pferd Familienmitglied ist
  • Am Heu zu sparen, um den Trog zu füllen, ist der falsche Weg.
  • Gesunde Alternativen wie Kräutermischungen befriedigen das Bedürfnis zu füttern, ohne unnötige Kalorien zu liefern.
  • Ein bewusster Umgang mit Futter erhält Gesundheit und Lebensfreude des Pferdes.

Warum in der Fütterung „gut gemeint“ oft das Gegenteil von „gut gemacht“ ist

Viele Pferdebesitzer möchten ihrem Pferd „etwas Gutes tun“ – besonders nach dem Reiten, bei kaltem Wetter oder einfach zwischendurch. In Offenställen kommt hinzu, dass niemand will, dass das eigene Pferd leer ausgeht, wenn alle anderen gefüttert werden. Das Ergebnis: Statt einem kleinen Happen gibt es regelmäßig große Portionen Kraftfutter, Mash oder getreidefreies Müsli – oft ohne Blick auf deren Nährstoffgehalt.

Gerade, wenn das Pferd als Partner, Freund oder sogar Familienmitglied gesehen wird, ist Füttern ein Akt der Zuneigung. Doch was beim Menschen oft als „Liebe geht durch den Magen“ funktioniert, führt beim Pferd schnell zu Übergewicht, Stoffwechselproblemen und langfristigen Gesundheitsrisiken.

Kalorienfallen im Alltag

  • Leckerlis: Ein paar Stücke am Tag fallen nicht ins Gewicht – aber wenn jedes Hufegeben, jedes Aufhalftern und jede Begegnung am Paddock mit einem Leckerli belohnt wird, summieren sich die Kalorien schnell. Natürlich sind Belohnungen wichtig, wenn beispielsweise ein Jungpferd lernen soll, die Hufe zu geben. Aber wenn das mal gelernt ist, kann das Leckerli auch weggelassen werden.
  • Mischfutter und Müslis: Selbst „getreidefreie“ Varianten können sehr energiereich sein. Häufig enthalten sie viel Fett und Protein und bestehen ansonsten aus klein gehäckseltem Heu – nur deutlich teurer. Die „getreidefreien Müslis“ sind im Stall das Pendant zu unseren „Light“ Produkten im Kühlregal – dem Verbraucher ein gutes Gewissen machen, aber am Ende des Tages landen trotzdem viel zu viele Kalorien auf der Hüfte.
  • Mash: Im Winter beliebt, um das Pferd „aufzuwärmen“ oder „zu verwöhnen“. Je nach Zusammensetzung kann Mash eine echte Kalorienbombe sein, die den Abnehmplan torpediert. Daher unbedingt das Etikett genau lesen, was drin ist und dann überlegen, ob das geliebte „Dickerchen“ diese Extrakalorien wirklich braucht.

Am falschen Ende sparen

Es ist ein seltsamer Effekt menschlicher Psychologie: wenn Pferde zu dünn sind, suchen wir als erstes nach einem Zusatzfutter, das wir in den Trog füllen können, um das Pferd wieder aufzufüttern. Ist das Pferd aber zu dick, wird als erstes am Heu gespart und nicht am Trogfutter.

Raufutter rationieren ist immer kontraproduktiv: Pferde brauchen kontinuierlichen Zugang zu strukturreichem Futter, um den Magen zu schützen und die Darmflora stabil zu halten. Fehlt Heu, leidet die Verdauung – da kann der Trog abends noch so lecker und voll sein.

Wichtig ist, dass die Nährwerte im Heu zum Bedarf der Pferde passen – und der ist meist niedriger, als man denkt. Heu mit Zuckergehalten >6% oder Proteingehalten >9% kann man an Hochleistungssportpferde verfüttern, nicht aber an leichtfuttrige Rassen und Freizeitpferde. Ist das Heu pferdegerecht, muss man es auch nicht kürzen, denn von Cellulose nimmt das Pferd nicht zu – sondern von Zucker, Stärke, Eiweiss und Fett.

Lieber die Raufe voll mit Struktur – als der Trog voll mit leeren Kalorien.

Gesunde Alternativen

Nun ist es aber schon so, dass es uns einfach ein gutes Gefühl gibt, dem Pferd abends liebevoll den Trog zu füllen. Und zum Glück muss niemand ganz auf das geliebte Ritual verzichten. Es gibt sinnvolle Wege, dem Pferd etwas zu geben, das schmeckt, ohne Übergewicht zu fördern:

  • Reine Kräutermischungen wie das Vierjahreszeitenfutter von OKAPI sind nährstoffarm aber wirkstoffreich, sie unterstützen den Stoffwechsel und bringen Abwechslung in den Speiseplan.
  • Kalorienarme Leckerlis auf Basis von Heu, mit wenig Energie und ohne versteckte Zuckerquellen, wie die Biostickies, motivieren zur Mitarbeit, ohne dick zu machen.
  • Frische Zweige ungiftiger Büsche und Bäume (z. B. Weide, Birke, Haselnuss) bieten Knabberspaß und zusätzliche Rohfaser und manch ein Pferd lässt sogar den Heucobs-Brei im Trog stehen, wenn es dafür frische Äste knabbern kann.

Diese Alternativen können nach dem Training, als Belohnung oder zur Beschäftigung gegeben werden. Sie sorgen dafür, dass das Pferd etwas bekommen kann – nach dem Training oder wenn alle anderen auf dem Auslauf gefüttert werden – ohne das Risiko, dem Pferd zu schaden.

Bewusstes Füttern schützt langfristig

Wer den Überblick über die täglichen Zusatzgaben behält und konsequent auf gesunde Alternativen setzt, sorgt nicht nur für eine schlankere Figur, sondern auch für einen stabileren Stoffwechsel. So wird Füttern wieder zu dem, was es sein sollte: ein Beitrag zur Gesundheit – und kein Risiko.

Team Sanoanimal