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Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Unterschiede erkennen: Ein Pferd kann zu dünn sein, unzureichende Muskulatur aufweisen – oder beides. Eine gezielte Beobachtung hilft bei der richtigen Einschätzung.
  • Digitale Unterstützung: Die Sanoanimal App bietet eine praktische Hilfestellung mit strukturiertem Bewertungssystem zur Einschätzung des Ernährungszustands.
  • Basis Raufutter: Bei Gewichtszunahme steht zunächst die Anpassung des Raufutters (Heu sowie ggf. Luzerne oder Esparsette) im Vordergrund – erst danach sollten Zusatzfuttermittel in Betracht gezogen werden.
  • Qualität entscheidet: Für den Muskelaufbau ist eine gezielte Versorgung mit hochwertigen Proteinen und essentiellen Aminosäuren (beispielsweise über Luzerne oder Esparsette) entscheidend.
  • Expertenrat einholen: Eine fundierte Überprüfung der Ration durch Fütterungsspezialisten verhindert kostspielige Fehlversuche und fördert nachhaltig die Gesundheit.

Gesundheitsindikatoren erkennen: Gewicht, Muskulatur, Substanz

Zu den deutlichsten Anzeichen für die Gesundheit eines Pferdes zählen sein Körperzustand, sein Gewicht und seine muskuläre Entwicklung. Werden Rippen sichtbar oder verliert die Oberlinie (Topline) an Substanz, kann es notwendig sein, gezielt Gewicht, Muskulatur oder beides aufzubauen. Doch worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Gewicht und Muskulatur? Und wie lässt sich erkennen, woran es mangelt?

Energiezufuhr verstehen: Kalorienbedarf richtig einschätzen

Die Grundlage jeder zielgerichteten Fütterungsstrategie ist das Verständnis von Energie. Energie im Futter wird in Kalorien gemessen, bei Pferden üblicherweise in Megakalorien (Mcal) ausgedrückt. Unter den verschiedenen Energieformen ist für die Praxis besonders die verdauliche Energie (DE – Digestible Energy) relevant. Sie beschreibt den Energieanteil eines Futters, der nach Abzug der Verluste über den Kot tatsächlich vom Pferd genutzt werden kann.

Pferde beziehen ihre Energie hauptsächlich aus lang und kurzkettigen Kohlenhydraten, Fett und Proteinen. Obwohl Fette rechnerisch die meisten Kalorien liefern, können sie vom Pferd nicht in großen Mengen verdaut werden und spielen daher bei der Betrachtung der Energie keine Rolle. Es folgen Proteine und Kohlenhydrate in der Energiedichte. 

Während Kohlenhydrate in Form von Pflanzenfasern – insbesondere Cellulose aus Raufutter – für die Verdauungsgesundheit unverzichtbar sind, erweist sich Protein als vergleichsweise „schmutzige“ Energiequelle, da bei der Energiegewinnung aus Protein relativ viel Harnstoff als Abfall entsteht. Dieser muss über die Nieren ausgeschieden werden. Daher sollte die Energieversorgung hauptsächlich aus faserreichem Heu bestehen und nur für den Muskelaufbau sollten proteinreiche Futtermittel mit einbezogen werden in die Ration.

Fett oder Muskelmasse? So lässt sich der Bedarf einordnen

Um festzustellen, ob ein Pferd mehr Gewicht oder Muskulatur aufbauen sollte, empfiehlt sich eine Beurteilung mit Hilfe der Sanoanimal App. Diese berücksichtigt neben dem Fettansatz auch die Muskelverteilung und ermöglicht dadurch eine differenzierte Bewertung.

Mangelt es dem Pferd an Fettgewebe (erkennbar an sichtbaren Rippen oder eingefallenen Flanken), liegt meist ein Kaloriendefizit vor. Erscheint hingegen besonders die Oberlinie kantig oder eingefallen (im Bereich von Widerrist, Rücken, Lenden oder Kruppe), kann dies auf unzureichende Muskulatur hindeuten. Da Muskelaufbau nur bei ausreichender Energiezufuhr möglich ist, sollte immer zuerst sichergestellt werden, dass der grundlegende Kalorienbedarf gedeckt ist.

Gezielt Gewicht aufbauen: Energiezufuhr erhöhen

Der Energiebedarf steigt mit dem Aktivitätslevel des Pferdes. Um ein Kilogramm Körpergewicht aufzubauen, werden etwa 20 Mcal zusätzliche Energie benötigt. Je nach Ausgangsgewicht sind ungefähr 16–20 kg Gewichtszunahme erforderlich, um eine sichtbare Verbesserung des Körperzustands zu erreichen.

Die Energiezufuhr lässt sich schrittweise über hochwertiges Raufutter steigern. Eine bewährte Methode ist die Erhöhung der Heumenge sowie bei Bedarf der gezielte Einsatz energiereicherer Raufuttersorten wie Luzerne oder Esparsette. Hierbei ist zu beachten, dass das Heu nicht nur rund um die Uhr angeboten wird, sondern die Maschenweite der Heunetzeauch an die Heuqualität angepasst wird. Kombiniert man grobfaseriges Heu mit engen Maschen, dann sind die Pferde häufig nicht in der Lage, eine ausreichende Menge Heu durch die Maschen zu fädeln, was dann – trotz augenscheinlich reichlichem Angebot – zu einem Energiedefizit führt.

Nehmen Pferde trotzdem nicht zu oder vielleicht sogar weiter ab, sollten dringend die  Zähnevon einem kompetenten Dentalpraktiker überprüft werden, denn nur gut gekautes Raufutter kann auch gut verwertet werden. Auch das Sozialverhalten der Gruppe spielt eine Rolle. Stehen zu wenige Fressplätze zur Verfügung oder wird ein Pferd von der Gruppe immer wieder von der Heuraufe vertrieben, kann auch ein Energiedefizit entstehen, obwohl augenscheinlich reichlich Heu angeboten wird.

Luzerne und Esparsette: Natürliche Energielieferanten mit Mehrwert

Luzerne enthält pro Kilogramm mehr Energie und Protein als herkömmliches Gras- oder Wiesenheu. Sie eignet sich daher hervorragend, um einen Teil des Grundfutters (bis zu 25%oder maximal 3kg pro Tag für ein ausgewachsenes Pferd) zu ersetzen. Auch Esparsette stellt eine hochwertige Alternative dar, besonders bei empfindlichen oder stoffwechselbelasteten Pferden. Beide Pflanzen liefern neben Energie auch wertvolle Aminosäuren und Pufferstoffe für den Magen-Darm-Trakt.

Reicht die Energiezufuhr über Heu allein nicht aus, können solche strukturreichen, energiedichteren Futtermittel wie Pellets aus Luzerne oder Esparsette ergänzend eingesetzt werden, aber immer mit Augenmaß. Diese bieten zusätzliche Energie, ohne große Mengen Stärke oder Zucker zuzuführen, ihr hoher Proteingehalt muss aber im Rahmen der Gesamtration betrachtet werden.

Muskelaufbau unterstützen: Fokus auf Proteinqualität

Für einen gezielten Muskelaufbau ist nicht nur die Gesamtmenge des Eiweißes entscheidend, sondern vor allem dessen Qualität – also das Aminosäurenprofil. Besonders wichtig ist dies bei Pferden mit erkennbarer Rückenmuskelschwäche oder eingefallener Kruppe.

Esparsette bietet im Vergleich zu anderen Raufutterarten ein besonders hochwertiges Aminosäurenprofil. Auch Luzerne verfügt über ein günstiges Verhältnis essentieller Aminosäuren. Durch ihren Einsatz kann auf eine gezielte Zufütterung synthetischer Eiweißpräparate häufig verzichtet werden.

Aminosäuren im Blick: Lysin, Methionin & Co. als Schlüssel

Die Qualität des Proteins in einem Futtermittel wird durch das Verhältnis und die Menge der enthaltenen essentiellen Aminosäuren bestimmt. Lysin gilt dabei als die am häufigsten limitierende Aminosäure – sie bestimmt maßgeblich, wie effektiv der restliche Eiweißanteil vom Körper genutzt werden kann. Ein erwachsenes Pferd mit 500 kg Körpergewicht benötigt etwa 27 g Lysin täglich zur Deckung seines Erhaltungsbedarfs.

Luzerne oder Esparsette liefern im Vergleich zu vielen Getreiden und Mischfuttern deutlich mehr Lysin pro Kilogramm. Auch Methionin und Threonin spielen als wichtige Bausteine für den Muskelaufbau eine bedeutende Rolle. Eine gezielte Ergänzung kann dann sinnvoll sein, wenn der Gehalt im Grundfutter nicht ausreicht oder der Bedarf durch intensives Training erhöht ist.

Fazit: Die richtige Fütterung für gesunde Substanz

Ob ein Pferd an Gewicht oder Muskulatur zulegen sollte, lässt sich mit Hilfe der SanoanimalApp (Apple Store oder Playstore) differenziert beurteilen. Grundlage jeder Maßnahme ist eine bedarfsgerechte Energie- und Eiweißversorgung. Der gezielte Einsatz von Luzerne oder Esparsette in der täglichen Ration kann wesentlich dazu beitragen, sowohl Körpermasse als auch Muskulatur schonend und nachhaltig aufzubauen – mit natürlichen Futtermitteln und ohne unnötigen Einsatz von Zusatzstoffen.

Elke Malenke