Warum gängige Stallweisheiten und Werbeversprechen oft ins Gegenteil führen
Das Wichtigste in Kürze
- Radikales Futterkürzen ist der schnellste Weg in Magengeschwüre und Jojo-Effekt.
- Heu wässern oder Stroh füttern sind keine Allheilmittel – Qualität und Gesamtration müssen stimmen.
- „Getreidefrei“ heißt nicht „ohne Kalorien“ – auch getreidefreie Müslis können dicke Pferde noch dicker machen.
- Werbeversprechen zu „Schlankmacher-Zusatzfuttern“ funktionieren nicht ohne angepasstes Management.
- Ausreden wie „Der ist halt ein kräftiger Typ“ verhindern oft, dass Probleme rechtzeitig erkannt und gelöst werden.
Mythos 1: „Einfach weniger füttern, dann wird er schon schlank.“
„FDH“ (Friss Die Hälfte) kennen wir von den Diätempfehlungen beim Menschen. Klingt erstmal logisch: wer weniger isst, nimmt weniger Kalorien auf. Die Praxis führt aber im Stall üblicherweise zu langen Fresspausen – und damit zu Magengeschwüren, Dysbiosen, Muskelabbau und Stress. Der Körper geht in den Sparmodus, und sobald wieder mehr Futter kommt, ist das Pferd schwerer als zuvor – hallo Jojo Effekt.
Mythos 2: „Heu wässern oder Stroh statt Heu – damit geht das Gewicht runter.“
Heu wässern kann bei sehr zuckerreichem Heu natürlich den Zuckergehalt reduzieren, wirkt aber nicht immer. Ein hoher Proteingehalt kann das Pferd auch dick machen und reagiert fast gar nicht auf Wässer. Stattdessen spült das Wäsern auch wertvolle Nährstoffe aus, die wieder zugefüttert werden müssen, wie Mineralien, essenzielle Aminosäuren und Vitamine.
Strohfütterung kann zwar die Fresszeit verlängern, ist aber für Pferde praktisch unverdaulich und kann daher Heu nicht ersetzen. Beides kann Teil einer Strategie sein (Heu wässern bei hohen Zuckergehalten und / oder Heu mit Stroh mischen) – aber nur in Verbindung mit passender Heuqualität und Gesamtfutterplanung.
Mythos 3: „Getreidefreie Müslis sind bei dicken Pferden kein Problem.“
„Getreidefrei“ ist kein Synonym für „figurfreundlich“. Viele dieser Mischungen enthalten reichlich Öl, Eiweiß oder andere kalorienreiche Zutaten. Für leichtfuttrige Pferde sind sie oft genauso ungeeignet wie klassische Müslis – auch wenn die Werbung etwas anderes verspricht.
Mythos 4: „Mit Zusatzfuttermittel XY werden Pferde schlank.“
Ja, so etwas wünschen wir uns alle: Nichts ändern, nur ein Wunderfuttermittel dazugeben und das Pferd ist schlank, top bemuskelt und immer cool und leistungsbereit. Aber die Wahrheit ist leider: kein Futtermittel kann Übergewicht allein beseitigen. Abnehmen funktioniert nur mit angepasster Raufutterqualität, kontrollierter Energiezufuhr und regelmäßiger Bewegung. Bestimmte Ergänzungsfuttermittel können natürlich beim Abnehmen helfen, aber ohne das passende „rundherum“ sind sie nutzlos.
Mythos 5: „Der nimmt nicht ab, der ist halt ein schwerer Typ.“
Rassetypische Merkmale bedeuten nicht, dass Übergewicht normal ist. Ein barockes Pferd darf kräftige Formen haben – aber ein Fettkamm auf dem Hals, Fettpolster auf der Kruppe oder Lymphpolster an den Flanken trotzdem ungesund. Es hilft oft, wenn ein neutraler Therapeut, der nicht mit dem liebenden Auge des Besitzers auf das Pferd schaut, mal eine realistische Einschätzung abgibt. Alternativ einfach mal die kostenlose Sanoanimal App ausprobieren, denn die bezieht den „schweren Typ“ mit ein.
Mythos 6 „Der war schon immer so, das macht dem nichts.“
Gewohnheit macht Übergewicht nicht harmlos. Auch wenn ein Pferd seit Jahren rund aussieht, steigt das Risiko für Stoffwechselprobleme, Gelenkbelastungen und andere Folgeerkrankungen mit jedem zusätzlichen Kilo und jedem Jahr, welches das Pferd die Kilos herumschleppt. Von Hufreherisiko über frühzeitigen Gelenkverschleiß und Arthrosen bis zu Lipomen im Bauchraum, die Koliken auslösen können – die Ausrede mit dem „harmlosen Babyspeck“ gilt spätestens ab dem sechsten Lebensjahr des Pferdes nicht mehr.
Mythos 7: „Das ist rassebedingt.“
Klassische Arbeitsrassen wie Haflinger oder Freiberger im ursprünglichen Typ, Quarter Horses, Tinker oder Kaltblüter sind oft leichtfuttrig – das heißt aber nicht, dass sie dick sein müssen. Im Gegenteil: Gerade diese Pferde reagieren besonders empfindlich auf zu viel Zucker im Futter. Müssen sie zu ihrem ohnehin oft schon hohen Gewicht noch Übergewichtskilos herumschleppen, ist das ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko.
Es gibt kein ‚zu dick, aber gesund‘ – nur ‚noch gesund, aber zu dick‘.
Mythen und Ausreden verhindern, dass das eigentliche Problem angegangen wird. Wer ehrlich auf die Fütterung, die Qualität des Raufutters, die „Snacks“ und das Bewegungsprogramm schaut, hat die besten Chancen, sein Pferd langfristig gesund und fit zu halten. Die Kombination aus objektiver Einschätzung mit der Sanoanimal App, angepasstem Raufuttermanagement und durchdachtem Training ist dabei der sicherste Weg.
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