Silvester ist für viele Pferde ein emotionaler Ausnahmezustand. Die plötzlichen Knallgeräusche, Druckwellen, Lichtblitze und die unvorhersehbare Dauer der Reize treffen das Nervensystem unmittelbar. Selbst robuste Pferde geraten an diesem Tag leicht in Stress, während sensible, traumageprägte oder sehr wache Pferde oft deutlich reagieren – mit Unruhe, Zittern, erhöhter Muskelspannung, Fluchtimpulsen oder innerer Starre. Gerade deshalb lohnt es sich, frühzeitig zu unterstützen.
Wie ätherische Öle das Nervensystem unterstützen können
Ätherische Öle können in dieser Zeit ein zusätzliches Werkzeug sein, denn sie wirken über den Geruchssinn auf das limbische System – also jene Strukturen im Gehirn, die an Emotionen, Angstreaktionen und Stressverarbeitung beteiligt sind. Ein Duft erreicht das Nervensystem innerhalb von Sekunden und kann – je nach Öl und individuellem Erleben – beruhigend, erdend, stabilisierend oder klärend wahrgenommen werden.
Wichtig ist immer: Ätherische Öle sind eine Ergänzung, keine Grundlage. Die Basis bleibt eine möglichst sichere, überschaubare Umgebung und ein ruhiger, verlässlicher Mensch an der Seite des Pferdes. Düfte können diese äußeren Rahmenbedingungen nicht schaffen – aber sie können im Körper das Gefühl von „Ich bin gehalten und darf runterfahren“ unterstützen. Öle können dazu beitragen, dass das Pferd ruhiger wirkt und weniger dauerhaft angespannt erscheint.
Qualität vor alles: Worauf du bei den Ölen achten solltest
Gerade weil ätherische Öle so intensiv wahrgenommen werden, ist ihre Qualität entscheidend. Verwende nur
- 100 % naturreine, unverfälschte ätherische Öle,
- qualitativ hochwertige Öle aus transparenter, geprüfter Herkunft,
- Öle ohne synthetische Zusätze, Duftstoffe oder Mineralöle.
Vermeide Parfümöle, Raumduftmischungen oder Produkte, die nur „mit ätherischen Ölen“ deklariert sind – sie sind für die Anwendung am Tier in der Regel nicht geeignet. Pferde reagieren sehr fein auf Gerüche, deshalb sind reine, hochwertige Öle und eine zurückhaltende Dosierung besonders wichtig.
Vier ätherische Öle, die an Silvester oft als hilfreich erlebt werden
Im Umgang mit Silvesterstress haben sich in der Praxis vor allem vier Öle bewährt, die viele Pferdebesitzer als unterstützend erleben:
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Lavendel wird traditionell als „Nervensystem-Öl“ eingesetzt. Der Duft kann als beruhigend empfunden werden, die Atmung vertiefen helfen und Pferde unterstützen, die schlecht abschalten können oder nach jedem Geräusch wieder hochfahren.
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Vetiver wird von vielen Menschen als tief erdend beschrieben. Es wird gern bei Pferden eingesetzt, die zu Panik neigen, „aus dem Körper flüchten“ oder in starke körperliche Spannung hochschießen. Der Duft wirkt schwer, warm und kann das Empfinden von Boden und Stabilität fördern.
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Weihrauch (Frankincense) gilt als Öl, das „von innen heraus ordnet“. In der Praxis berichten viele Pferdehalter, dass dieser Duft ihren Pferden helfen kann, sich zu sammeln und zu mehr innerer Ruhe zu finden. Er kann Pferde begleiten, die dazu tendieren, innerlich „dicht zu machen“ oder sich emotional abzukapseln.
- Römische Kamille wird häufig bei hoher Sensibilität und emotionaler Überforderung eingesetzt. Sie kann Schockmuster sanft begleiten und wird oft wie eine weiche, besänftigende Decke auf das Nervensystem erlebt – besonders bei sehr sensiblen Pferden.
Aromamassage – Vorbereitung auf die Silvesternacht
Damit ätherische Öle an Silvester wirklich unterstützen können, ist es hilfreich, früh zu beginnen. Ideal ist es, mindestens eine Woche vorher täglich eine einfache Aromamassage durchzuführen.
Wichtig: Die Öle werden dabei immer mit einem Trägeröl (z.B. Jojoba, Mandel, Kokos – auch hier auf die Qualität achten) verdünnt. Das Pferd darf vorher am Öl schnuppern – immer freiwillig und niemals aufgezwungen.
Danach gibst du ein paar Tropfen der verdünnten Mischung in deine Handfläche und beginnst am Schweifansatz. Von dort aus gleitest du langsam, mit weichen, kreisenden Bewegungen, entlang der Wirbelsäule bis zum Genick. Arbeite ruhig, achtsam und ohne Druck – die Massage zielt weniger auf Muskeln, sondern soll vor allem helfen, das Nervensystem zu beruhigen und beim Runterfahren zu unterstützen.
Beachte: Das Pferd entscheidet immer, ob es näherkommen oder lieber Abstand halten möchte.
Diffuser & Dufttuch – sanfte Anwendung im Stall
Neben der Massage gibt es zwei weitere Möglichkeiten, ätherische Öle im Stall einzusetzen:
Du kannst einen Diffuser außerhalb der Reichweite der Pferde aufstellen und mit wenigen Tropfen (z.B. Lavendel oder Weihrauch) laufen lassen. Achte darauf, dass der Raum gut belüftet ist.
Wichtig: Stell sicher, dass der Diffusor dein Pferd nicht überfordert und es den bedufteten Bereich jederzeit verlassen kann.
Alternativ kannst du ein Tuch oder ein kleines Stoffstück mit 2–3 Tropfen Öl beträufeln und in der Nähe des Pferdes aufhängen. So kann es selbst entscheiden, ob es sich dem Duft annähern möchte oder nicht. Das ist besonders geeignet für Pferde, die sensibel oder „geruchsscheu“ sind, weil sie so den Abstand selbst regulieren können.
Zwei einfache Rezeptideen für dein Pferd
Wenn du das Ganze noch gezielter gestalten möchtest, kannst du dir einfache Mischungen herstellen, die sich in der Praxis bewährt haben. Wichtig ist auch hier: Immer gut verdünnen und dein Pferd aufmerksam beobachten.
Rezept 1 – „Ruhe & Herz“ (für sensible, schreckhafte Pferde)
- 2 Tropfen Lavendel
- 1 Tropfen Römische Kamille
- 10 ml Trägeröl
Diese Mischung wird von vielen Pferden als beruhigend und entspannend erlebt und kann feinfühlige Pferde sanft begleiten, wenn sie schnell erschrecken oder sich leicht „überfahren“ fühlen.
Rezept 2 – „Erdung & Stabilität“ (für nervöse, panische Pferde)
- 1 Tropfen Vetiver
- 1 Tropfen Weihrauch
- 10–15 ml Trägeröl
Diese Kombination kann als tief erdend und stabilisierend wahrgenommen werden. Sie unterstützt dabei, mehr Körperpräsenz zu finden und bei starken Reizen innerlich etwas geordneter und „gesammelter“ zu bleiben.
Beide Mischungen kannst du wie oben beschrieben als Aromamassage anwenden oder in kleiner Menge auf ein Tuch geben, das du im Stall aufhängst. Wichtig ist nur: weniger ist mehr. Ein Pferd braucht keine großen Mengen, sondern Klarheit im Duft und Raum zum Entscheiden.
Fazit & Hinweis
Wenn du deinem Pferd so begegnest – vorbereitend, feinfühlig und mit dem Wissen um Stress und Nervensystem –, kann Silvester für euch beide zu einer ruhigeren, sichereren und besser regulierten Erfahrung werden.
Hinweis: Ätherische Öle ersetzen keine tierärztliche Diagnose oder Behandlung. Bei gesundheitlichen Problemen, Verletzungen oder stark auffälligem Verhalten deines Pferdes, wende dich bitte immer an deinen Tierarzt und nutze ätherische Öle nur begleitend.